Flo00
19:36 Uhr, 19.05.2019
|
Ich habe mit einem Freund eine Meinungsverschiedenheit über ein Beispiel, das er sich ausgedacht hat:
Ein Basketballer trifft mit einer Wahrscheinlichkeit von 45%. Ein Wurf dauert 4 Sekunden und er wirft pausenlos. Wie lange muss er werfen, um mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% 20 mal hintereinander zu treffen?
Sein Ansatz: Eine Trefferfolge ist eine Reihe von Würfen bis einer daneben geht. Eine Trefferfolge dauert im Durchschnitt Sekunden. (Einen Schuss macht er sicher, den zweiten, falls er den ersten trifft und so weiter.) Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällige Folge aus mindestens 20 Treffern besteht ist 0,45^20. Mit der Gegenwahrscheinlichkeit kann man berechnen, wie viele Sekunden man braucht, um auf die gewünschten 70% zu kommen:
Das Ergebnis ist 75.520.295 Sekunden.
Anmerkung meinerseits: Eigentlich müsste man bedenken, dass jede Trefferfolge mit einem Fehlwurf endet, daher ist die Wahrscheinlichkeit für eine Folge der Länge k . Und dann muss man über alle Folgen der Länge 20 oder mehr summieren. Allerdings meint mein Computer
Mein Ansatz: Schritt 1: Ich berechne die Wahrscheinlichkeit bei n Würfen 20 mal hintereinander zu treffen. Das ist so ähnlich wie einer Binomialverteilung, nur will ich 20 Treffer hintereinander haben. Diese Folge von 20 Treffern verteile ich zwischen den anderen Schüssen (von denen mir zunächst egal ist, ob sie Treffer sind oder nicht). Dafür habe ich Möglichkeinten. Nun habe ich jedoch diejenigen Folgen mehrfach gezählt, die aus mehr als 20 Treffern bestehen. Also ziehe ich alle Trefferfolgen von 21 Schüssen ab.
Bemerkung am Rande: Mein Gefühl sagt mir, ich sollte hier Inklusion-Exklusion verwenden. Wenn ich das ganze mit kleineren zahlen durchprobiere, komme ich allerdings ohne Inklusion-Exklusion auf dei richtigen Anzahlen gezählter Trefferfolgen.
Meine Wahrscheinlichkeit ist somit
Nun schaue ich, wann diese Zahl größer als 0,7 ist und erahlte . Mal vier ergibt das die Anzahl der Sekunden, also aufgerundet 43908216 Sekunden.
Wer von uns Beiden hat recht und warum der Andere nicht?
Für alle, die mir helfen möchten (automatisch von OnlineMathe generiert): "Ich bräuchte bitte einen kompletten Lösungsweg." (setzt voraus, dass der Fragesteller alle seine Lösungsversuche zur Frage hinzufügt und sich aktiv an der Problemlösung beteiligt.) |
|
|
Ich biete eine weitere Variante:
Es sei die Wahrscheinlichkeit, nach einer Folge von Würfen NOCH NICHT 20mal hintereinander getroffen zu haben.
Mit Wahrscheinlichkeit hat man dann in Wurf dieses Ziel "20mal hintereinander" zum ersten Mal erreicht. Das wiederum impliziert, dass die letztem 20 Würfe erfolgreich waren (also Nr ), der Wurf Nr unmittelbar davor erfolglos, und dass in den Würfen vor dieser ganzen Sequenz das bewusste Ereignis auch noch nicht eingetreten ist.
Damit haben wir für die Rekursion bzw. umgestellt
mit .
Startwerte dieser Rekursion sind sowie .
Das ganze treibt man nun so lange, bis erstmalig ist - nach meiner Rechnung ist das bei der Fall. Dieser Wert ist allerdings sehr sehr nahe an deinem ersten Approximationswert (es fehlt ja noch die Multiplikation mit der Zeit 4s).
|
Flo00
21:56 Uhr, 19.05.2019
|
Wenn ich das mal 4 nehme, sind das 75.520.276 Sekunden, also nur 19 Sekunden weniger als beim ersten Ansatz. Klingt, als währe ich mit dem zweiten Ansatz eher falsch gelegen. Mich würd halt auch interessieren, wo mein Fehler liegt.
|
|
> Mich würd halt auch interessieren, wo mein Fehler liegt.
Ehrlich gesagt, kann ich deine Idee nicht nachvollziehen: Wieso soll es ein Problem sein, wenn unter den Versuchen mehr als 20 Treffer hintereinander dabei sind? Wichtig ist doch nur, dass bis eine Sequenz der MINDESTlänge 20 dabei ist.
|
Flo00
22:12 Uhr, 19.05.2019
|
Es ist kein Problem, wenn mehr als 20 Treffer sind. Ich darf nur die längeren Folgen nicht mehrfach zählen. z.B. enthält eine Folge aus 23 Treffern vier Folgen aus 20 Treffern und drei mit 21 Treffern, deshalb zieh ich die längeren ab, um die ganze Folge nur einmal zu zählen.
|
|
Ich kann dennoch nicht nachvollziehen, wie deine Formel (wie du selbst sagst "ohne Inklusion-Exklusion") das leisten will.
Wie auch immer, ich habe keine Lust stundenlang zu rätseln, wie deine Formel doch noch zu retten ist, da ich in 10 Minuten eine wohlbegründete Alternative gefunden hatte, wenn auch eine rechenaufwändige.
|
|
Ein Wort noch zur Berechnung der für große, um nicht zu sagen riesige : Man kann die Rekursion oben gnadenlos durchziehen, das benötigt die reichlich 18 Millionen Iterationen.
Es geht aber auch anders, was sicher interessant wird, wenn das benötigte noch ein paar Zehnerpotenzen größer ist. Die o.g. Rekursionsgleichung ist eine sogenannte Differenzengleichung, für die man auch eine explizite Darstellung gewinnen kann. Dazu löst man die zugehörige charakteristische Gleichung , die hat 21 verschiedene komplexe Lösungen, davon 3 reelle sowie 18 echt komplexe (9 konjugiert komplexe Paare). Sämtliche Lösungen sind betragsmäßig kleiner als 1, die betragsgrößte (nennen wir sie ) davon ist eine der drei reellen Lösungen, sie ist in erster Näherung . Mit diesen Lösungen lässt sich die Folge explizit darstellen gemäß
mit (i.a. auch echt komplexen) Koeffizienten , welche sich aus den Anfangsbedingungen und als Lösung eines linearen Gleichungssystem (21x21) berechnen lassen. Für große ist nun der Summand mit dem betragsgrößten dominant, d.h., für große ist .
Das genannte Gleichungssystem ausgerechnet ergibt sich hier sowie , das oben erforderliche mit bekommt man dann gemäß .
|