Mathematik online lernen im Mathe-Forum. Nachhilfe online
Startseite » Forum » Grenzrate der Substition (MRS,GRS)

Grenzrate der Substition (MRS,GRS)

Universität / Fachhochschule

Tags: Grenznutzen, Grenzrate der Substitution

 
Antworten Neue Frage stellen Im Forum suchen
Neue Frage
Alex55

Alex55 aktiv_icon

02:07 Uhr, 13.07.2016

Antworten
Hallo! Bin gerade mit Mikroökonomie beschäftigt.
Die Steigung einer Indifferenzkurve in einem bestimmten Punkt misst man ja mit der Grenzrate der Substituition (MRS englischer Ausdruck)
Der Standardfall ist wie üblich, dass die Nutzenfunktion zwei Güter beschreibt wie U=p1x1+p2x2.
Die Formel dafür ist MRS= -Δx2Δx1= (MU1)/(MU2)
Dies beschreibt, wie viel ich von Gut2 aufgeben muss, wenn ich EINE Einheit von Gut 1 mehr bekommen möchte, wobei der Nutzen insgesamt gleich bleibt.
Zum Beispiel 52=2,5

Meine Fragen dazu sind:
- ist diese Formel immer gültig? Also könnte ich sie umdrehen und -x1 durch x2 teilen um auszudrücken, wie viel ich von Gut1 verzichten müsste, um von Gut2 eine Einheit mehr zu bekommen?

-oder ist meine erste Frage Humbug (Bauchgefühl sagt ja) und diese Formel ist immer so und das Ergebnis von 2,5 aus meinem Beispiel ist für beide Alternativen gültig? Also Verzicht auf Gut2 für Gut1 beträgt 2,5 Einheiten von Gut2 (Alternative 1) UND Verzicht von Gut1 für Gut2 beträgt 2,5 Einheiten von Gut1 (Alternative 2)? Natürlich spielt sich alles in genau dem Punkt dieser einen Indifferenzkurve einer Nutzenfunktion ab.

-Oder ist diese 2,5 nur für Alternative 1 gültig und nicht für beide Entscheidungspfade?

Präfernzen, welches Gut bevorzugt wird, lasse ich mal außen vor. Will nur das Prinzip verstehen der Formel und der GRS im allgemeinen :-)

Liebe Grüße!

Für alle, die mir helfen möchten (automatisch von OnlineMathe generiert):
"Ich möchte die Lösung in Zusammenarbeit mit anderen erstellen."
Online-Nachhilfe in Mathematik
Antwort
Fourty2

Fourty2 aktiv_icon

15:06 Uhr, 13.07.2016

Antworten
Hi,

also das zugrunde liegende mathematische Problem ist das Ableiten von impliziten Funktionen: Hat man eine Nutzenfunktion U(x1,x2) gegeben und möchte wissen wie viel der Konsument von Gut 1 aufgeben würde um etwas mehr von Gut 2 zu bekommen, braucht man die Steigung der Kurve, die durch U(x1,x2)=c im x1-x2-Diagram gegeben ist.

Mal sehen ob ich das noch etwas einfacher erklären kann: Die Nutzenfunktion ordnet jeder Konsummenge von Gut 1 und Gut 2 einen Wert zu. Beispiel: Gut 1 = Toast x1= Anzahl an Toasts ; Gut 2 = Nutella x2= Anzahl Portionen Nutella (Eine Portion reicht für genau ein Toast); Es sei U(x1=1,x2=0)=1 und U(x1=1,x2=1)=2. Das heißt der Nutzen für 1 Toast und 0 Portionen Nutella ist 1 und der Nutzen für 1 Toast und 1 Portion Nutella ist 2. Also hat der Konsument lieber 1 Toast UND Nutella, also nur Toast. Die Kombinationen von Toasts und Portionen Nutella, die der Konsument gleich gut findet (könnte z.B. U(1 Toast und 2 Nutella)=U(2 Toast und 1 Nutella=
U(alle möglichen kombinationen die genauso gut sind)
sein) liegen dann auf einer Kurve, die geschrieben werden kann als U(x1,x2)=c. Nun wenn man U (als konkrete Formel; z.B. U(x1,x2)=x10,5x20,5) kennt, kann man die Gleichung einfach nach x2 auflösen und erhält x2 als Funktion von x1.

So jetzt müssen wir noch klären was die Grenzrate der Substitution (GRS) ist. Im Grunde geht es um Folgendes: Du als Konsument befindest dich auf einem gegeben Nutzenniveau c, also U(x1,x2)=c. Die Frage ist wie verändert sich x2 wenn x1 etwas größer wird (oder andersherum; die Definition ist da abhängig vom Lehrbuch spielt aber nicht wirklich eine Rolle). Die Antwort gibt dann die GRS an. Hat man x2 also als Funktion von x1 dann ist die Steigung der Kurve x2(x1) gerade die Angabe wie sich x2 mit x1 ändert. Die Steigung der Kurve ist gerade die Ableitung, also muss man nur ableiten und den Punkt einsetzen an dem man sich befindet (mach dir das ruhig mal mit der obigen Nutzenfunktion klar).

So jetzt kommt das Problem. Wir würden gerne eine allgemeine Formel für die GRS haben, ohne U konkret zu kennen. Also guckt man sich eine Isonutzenlinie U(x1,x2)=c an und muss versuchen daraus die Steigung zu extrahieren. Das macht man indem man das absolute Differential auf beiden Seiten bildet, also
dU=Ux1dx1+Ux2dx2=0
Das kann man dann auflösen nach
dx2dx1=-U/x1U/x2=-GRS

Das ist definition der GRS. Diese Form gibt an wie viel Veränderung in x2 der Konsument braucht um nach einer Änderung in x1 das selbe Nutzen zu haben. Und da kann man einfach auf beiden Seiten 1 gegen 2 und umgekehrt tauschen und die Gleichung gibt an wie viel Veränderung in x1 der Konsument braucht um nach einer Änderung von x2 den selben Nutzen zu haben.

Wenn man das jetzt nicht für unendliche kleine Änderungen wissen will, oder U linear in x1 und x2 ist (z.B. U=x1x2), dann kann man statt dx2dx1 eben Δx2Δx1 schreiben.

Ich hoffe das hat dir etwas weiter geholfen. Bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Punkt getroffen habe, also frag bitte, falls noch was unklar ist.


Cheers,
42
Alex55

Alex55 aktiv_icon

02:25 Uhr, 14.07.2016

Antworten
Hey, habe es mir gerade durchgelesen und war ne super und stringente Erklärung!
Ich muss das noch verinnerlichen- klar- aber das Prinzip bzw. die Theorie dahinter ist mir klarer geworden. Sehr sogar! Dankesehr!

Nur ein Punkt stört mich immer noch, an dem ich scheiter, Aufgaben selber richtig zu rechnen und nicht frustriert aufzugeben. Hab da eine Blockade, weil kein Lehrbuch mir weiterhilft...klingt bisschen unglaubwürdig, aber habe nichts gefunden.

Das Problem ist die GRS. Das Konzept ist mir inzwischen klar, aber die mathematische Formalität kann ich noch nicht begreifen :(

Folgendes habe ich hoffentlich durch deinen Text gelernt.
Durch dich weiß ich jetzt, dass Δx2Δx1 nicht irgendwelche Veränderungen bzw. sind, sondern im Zähler der Grenznutzen von Gut2-> also U partiel abgeleitet nach x2 und das im Nenner der Grenznutzen von Gut1-> also U partiel abgeleitet nach x1 steht?
Soweit vllt richtig?
Das formal richtige Negativ Zeichen ist wohl egal, da es sich um einen absoluten Betrag handelt.

Vorausgesetzt ich liege mit meiner Annahme vom Grenznutzen richtig, ist dieses Tauschverhältnis nicht dann global für die Kurve gültig? Ich dachte aber, die GRS muss immer neu bestimmt werden für einen einzelnen Punkt im Koordinatensystem.

_____________________________________________________________
Und wenn ich bis hier hin alles verstanden hätte, wäre mir noch unklar, wie ich mathematisch die Bewegung nach links von einem Punkt, an der ich die GRS schon ermittelt habe, ermittle.

Z.b ist Δx2=8 und Δx1=4
Die GRS wäre hier 84=2. Ich muss 2 Einheiten von Gut 2 aufgeben, um eine Einheit von Gut1 mehr zu bekommen, wenn ich AUF meiner Idifferenzkurve (nicht Nutzenfunktion hier glaube ich) bleiben möchte? Das ist das Szenario, wo ich nach rechts wandere auf der Kurve.

Jetzt der Knackpunkt für mich: ich möchte nach links. Ich möchte den umgekehrten Fall, sprich wie viel bin ich bereit von Gut 1 zu opfern, wenn ich eine Einheit von Gut 2 bekommen möchte?
48=0,5 wäre hier quatsch oder? Sagt mir mein Gefühl...bzw. verbal würde ich diesen Vorgang nicht erklären können.
__________________________________________
also noch mal konkreter erläutert, bleiben eigtl zwei Kernfragen:

-Die ermittelte GRS gültig für alle Punkte einer Indifferenzkurve? Mein Gefühl sagt nein, aber muss ich dann bevor ich Δx2Δx1 rechne um überhaupt die Substitutionsrate zu bekommen, vorher im Zähler und Nenner jeweils mit anderen Punkten (anderes Güterbündel) je die Grenznutzen anders bestimmen?
Also als GRS für ein Gütberbündel würde bei Δx2=8 und Δx1=4 rauskommen und für ein anderes Güterbündel mit derselben Nutzenfunktion würde für Δx2=10 und Δx1=5 rauskommen können?

Edit: ob die Indiferenzkurve linear oder was es noch gibt ist, spielt vllt ne Rolle. Aber unabhängig davon, bei der Wanderung auf der Kurve nach links hacke ich...Gehen wir einfach vom Standardfall aus, glaube das ist die konvexe Indifferenzkurve, je nach dem wie die Nutzenfunktion aussieht. Gut ist, dass ich dass auch jetzt diese beiden Sachen unterscheiden kann. Da bringt man als Anfänger im Kopf das schon durcheinander.

- und die angesprochende "Links-Wanderung" für den umgekehrten Fall, nur halt rechnerisch formal. Einfach Zähler und Nenner vertauschen und eine neue Subsitutionsrate bekommen oder bin hier komplett auf dem falschen Dampfer- hoffe natürlich nicht, dass ich das schon überall bin :-D)
Antwort
Fourty2

Fourty2 aktiv_icon

16:28 Uhr, 14.07.2016

Antworten
Hi,

also wenn ich deine Frage richtig verstanden habe willst du vor allem wissen wie sich x1 oder x2 verändern wenn der jeweils andere um eins größer/kleiner wird, richtig?

Also im Allgemeinen ist es leider nicht so einfach wie du es beschrieben hast.
Am besten lässt sich das sicher anhand eines Beispiels erklären. Betrachten wir folgende Nutzenfunktion U(x1,x2)=x10.5x20.5 und wir befinden uns am Punkt x1=1,x2=2. Jetzt gehen wir zum Punkt x1=x1+Δx1=1+1=2 und wollen gucken wie groß das entsprechende Δx2 ist, das dafür sorgt, dass wir auf der gleichen Isonutzenlinie bleiben. Der neue Punkt ist also (x1=x1+Δx1,x2=x2+Δx2) und das einzige was wir nicht kennen ist Δx2.

Im allgemeinsten Fall muss man da eine Differentialgleichung lösen:
Ausgehend von
dx2dx1=-U/x1U/x2
kann man die Gleichung aus schreiben als
x2(x1)=g(x1,x2(x1))
und das ist eine Differentialgleichung für die Funktion x2(x1), d.h. die Lösung dieser Gleichung ist keine Zahl sondern eine Funktion, nämlich gerade x2(x1). In unserem Beispiel würde sich das wie folgt darstellen:
U/x1=0.5(x2x1)0.5
U/x2=0.5(x1x2)0.5
U/x1U/x2=x2x1
Die Differentialgleichung lautet also
dx2dx1=-x2x1
bzw.
dx2x2=-dx1x1
Jetzt beide Seiten von xi bis xi+Δxi für i=1,2 integrieren und nach Δx2 auflösen. Das Ergebnis ist
Δx2=x1x2x1+Δx1-x2= -1

Man muss allerdings nicht immer diese allgemeine Methode benutzen weil meistens die Gleichung für die Isonutzenlinie nach x2 auflösbar ist. In unserem Fall:
U(x1,x2)=x10.5x20.5=cx2=c2/x1. Um c zu bestimmen kann man einfach benutzen, dass x1 und x2 auf der Kurve liegen also gilt x2=c2/x1c2=x1x2
und damit
x2(x1)=x1x2x1
Jetzt kann man einfach einsetzen:
x2=x2+Δx2=x2(x1)=x1x2x1+Δx1 und nach Δx2 auflösen und bekommt das gleiche Ergebnis wie oben.


Es hängt also ganz stark davon ab wie U aussieht, welche Formel man für Δx2 bekommt. Die Formeln die man so herleitet gelten dann für Bewegungen nach rechts (Δx1>0) genauso wie für Bewegungen nach links (Δx1<0).


Grüße,
42

Alex55

Alex55 aktiv_icon

21:50 Uhr, 15.07.2016

Antworten
Hey, hab das jetzt alles verdaut und es ist besser geworden. Habe jetzt paar Aufgaben vom Lehrbuch versucht zu rechnen und da steht auch immer, dass es standardmäßig so ist, die Nutzenfunktion nach x2 aufzulösen um die Indifferenzkurve rauszubekommen und dann per Ableitung die GRS.

Nur nur noch Verständnisfragen:

-Das Zeichen δ benutze ich, wenn ich partiell ableite?
-Das Zeichen Δ ist kein Zeichen für eine Ableitung, sondern die Veränderung? Also x1 ist gestiegen zu (x1)*und davon die Differenz?
-Und das Zeichen d, was sagt das aus?
Antwort
Fourty2

Fourty2 aktiv_icon

12:07 Uhr, 16.07.2016

Antworten
Hi,

Ich versuch mich mal wieder an einem Beispiel (diesmal aus der Physik weil mir gerade nichts anderes einfällt):

Betrachten wir einen Temperatursensor an einem Auto, das von A nach B fährt. Die Temperatur T, die der Sensor misst hängt (offensichtlich) davon ab wo auf der Strecke sich das Auto befindet. Wir nennen diesen Ort x. Außerdem hängt die gemessene Temperatur von der Zeit t ab (Tagsüber ist es bspw an einem festen Ort wärmer als nachts). Und da sich das Auto bewegt hängt auch der Ort des Autos von der Zeit ab, also ist x eine Funktion von t, sprich x(t). Nimmt man alles zusammen bekommt man für die Temperatur-Funktion

T(x(t),t).

Nehmen wir mal eine ganz einfaches Beispiel für T:

T(x(t),t)=sin(t)x(t),x(t)=α*t+β

So jetzt zu deiner Frage:
Das Zeichen ist tatsächlich für eine partielle Ableitung, das bedeutet man leitet nur die explizite Abhängigkeit ab:
Tt=cos(t)x(t)

Das d Zeichen bedeutet totale Ableitung, d.h. man leitet alle Abhängigkeiten (auch implizite) ab:
dTdt=Tt+Txxt=cos(t)x(t)+sin(t)α

Im ersten Fall ignoriert man also die Abhängigkeit von t, die implizit über x rein kommt und im zweiten Fall berücksichtigt man sie.

Das Δ Zeichen steht im allgemeinen für eine (endliche) Differenz. Also z.B. Δt=t2-t1=3h-2h=1h. Mehr steckt erst mal nicht dahinter. Man kann allerdings das Differential dt als "unendlich kleine" Differenz zwischen 2 Punkten interpretieren. Integriert man dann das Differential über ein Intervall bekommt man die DIfferenz:

t1t2dt=t2-t1=Δt

Hoffe das hilt.

Cheers,
42
Diese Frage wurde automatisch geschlossen, da der Fragesteller kein Interesse mehr an der Frage gezeigt hat.