Hallo Tirepo
vielleicht noch etwas zu Äquivalenzklassen.
Nimm einmal das folgende Beispiel: in er Menge der Menschen sei dei Relation "hat das gleiche Geschlecht wie" definiert. Das ist also eine Beziehung zwischen zwei Menschen.
Dies ist offensichtlich eine Äquivalenzrelation, denn
1) sie ist reflexiv: A hat das gleiche Geschlecht wie A, für alle Menschen.
2) sie ist symmetrisch: Wenn A das gleiche Geschlecht hat wie B, dann hat auch B das gleiche Geschlecht wie A.
3) sie ist transitiv: Wenn A das gleiche Geschlecht hat wie B, und B das gleiche Geschlecht hat wie C, dann hat auch A das gleiche Geschlecht wie C.
Nun gilt der Satz: Eine Äquivalenzrelation auf der Menge M bewirkt eine Zerlegung von M in disjunkte nichtleere Teilmengen derart, dass je zwei Elemente ein- und derselben Teilmenge äquivalent, je zwei Elemente verschiedener Teilmengen aber nicht äquivalent sind.
Jede dieser Teilmengen wird nun als Äquivalenzklasse bezeichnet.
Im Beispiel von oben bildet also die Teilmenge der Menschen, die männlichen Geschlechts sind, eine Äquivalenzklasse, und jene weiblichen Geschlechts ebenfalls.
Um eine Äquivalenzklasse zu identifizieren, genügt es, ein einziges Element der Äquivalenzklasse anzugeben. Man sagt dann auch, dieses Element erzeuge die Äquivalenzklasse. Jedes Element dieser Klasse ist ein Repräsentant dieser Klasse.
Du bist männlich. Das heisst: die Teilmenge der männlichen Menschen ist die von dir erzeugte Äquivalenzklasse. In diesem Sinne sind wir zwei äquivalent. Deine Freundin ist weder äquivalent zu dir, noch äquivalent zu mir. Deine Freundin erzeugt aber die Äquivalenzklasse "Weibliche Menschen".
Ein anderes Beispiel:
Ich nehme die Menge dieser Paare (x,y):
{(0,0),(0,1),(0,2),(0,3),(0,4),
(1,0),(1,1),(1,2),(1,3),(1,4),
(2,0),(2,1),(2,2),(2,3),(2,4),
(3,0),(3,1),(3,2),(3,3),(3,4),
(4,0),(4,1),(4,2),(4,3),(4,4)}
und definiere die folgende Relation: zwei Paare (x1,y1) und (x2,y2) sind äquivalent, wenn es eine ganze Zahl z gibt, so dass gilt:
x2=x1+z und y2=y1
Du überzeugst dich jetzt leicht, dass es sich hierbei um eine Äquivalenzrelation handelt (zwischen Zahlenpaaren).
Das Zahlenpaar (1,2) erzeugt zum Beispiel die Äquivalenzklasse
{(0,1),(1,2),(2,3),(3,4)}
Spiele ein wenig damit: für die Elemente (0,1) und (2,3) ist z = 2; für die Elemente (3,4) und (1,2) ist z = -2;
(1,2) und (4,3) gehören nicht der gleichen Äquivalenzklasse an, denn für die x-Komponente müsste z = 3 sein, für die y-Komponente aber z = -1.
Das Zahlenpaar (0,4) ist das einzige Element der durch (0,4) erzeuzten Äquivalenzklasse {(0,4)}.
Es wäre vielleciht keine schlechte Übung, wenn du mal alle Äquivalenzklassen dieses Beispiels aufzählen würdest.
Kannst du das mal tun und uns das Ergebnis mitteilen, einfach zur Verständniskontrolle?
Alles klar?
Gruss
Paul
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Hallo Tirepo
weil ich im Moment schlecht schlafe, und auch weil ich weiss, dass auch ich seinerzeit Schwierigkeiten mit dem Begriff der Relation hatte, will ich das Ganze noch einmal etwas entwickeln. Vor allen deshalb, weil man manchmal auch hört, eine Relation sei eine Teilmenge eines kartesischen Produktes. Wie, was??
Also beginnen wir mal ganz langsam.
Ich nehme zu meinen Ausführungen die Menge A = {-2,-1,0,1,2,3}
Zunächst stellen wir uns eine Relation einfach, wie das bereits fhuber getan hat, als eine Beziehung zwischen einzelnen Elementen vor. Ich nehme dazu mal die Beziehung "grösser". > ist weder reflexiv noch symmetrisch, aber transitiv.
Was müssen wir tun? Nun, wir müssen 2 Elemente nehmen, also eine zweielementige Teilmenge davon. Taufen wir deren Elemente mal x und y. Die Elemente dieser Teilmengen müssen nun miteinander verglichen werden. Ach, eine Schwierigkeit: vergleichen wir jetzt x mit y oder y mit x. Denn in einer Menge kommt es ja nicht auf eine Reihenfolge der Elemente bei ihrer Aufzählung an! {-1,3} ist die gleiche Menge wie {3,-1}. Testen wir also -1 > 3 oder 3 > -1? Zum Vergleichen kommt es sehr wohl auf die Reihenfolge an!
Um diese Schwierigkeit meistern zu können, bedienen wir uns eines Tricks und dann auch einer Abmachung. Der Trick ist folgender: wir wissen, dass das Kartesische Produkt zweier Mengen die Menge aller Paare ist, wobei das zuerst genannte Elementpaar aus der 1. Menge stammt, und das zweitgenannte Element aus der 2. Menge. Damit haben wir eine Konstruktionsmöglichkeit, wo es auf die Reihenfolge ankommt. Aber da wir nur eine einzige Menge zur Verfügung haben, müssen wir halt das Kartesische Produkt mit sich selber machen. Damit erhalten wir einige Elementpaaare mit Beachtung der Reihenfolge der aufgeführten Element. Ich zähle sie mal auf und fasse sie zur Menge AxA mittels Mengenklammern zusammen:
{(-2,-2), (-2,-1), (-2,0), (-2,1), (-2,2), (-2,3),
(-1,-2), (-1,-1), (-1,0), (-1,1), (-1,2), (-1,3),
(0,-2), (0,-1), (0,0), (0,1), (0,2), (0,3),
(1,-2), (1,-1), (1,0), (1,1), (1,2), (1,3),
(2,-2), (2,-1), (2,0), (2,1), (2,2), (2,3),
(3,-2), (3,-1), (3,0), (3,1), (3,2), (3,3)}
So, das ist jetzt also AxA. Nun sind aber nur die Paare gefragt, wo das erste Element > als das zweite Element ist. Und das ist die oben angedeutete Abmachung (Konvention): das erste Element eines Paares steht links des Relationsoperators, das zweite Element rechts. Wir dezimieren also die Elemente in obigem Kartesischen Produkt, oder anders gesagt: wir bilden eine Teilmenge aus obigem Kartesischen Produkt, unter Beachtung der Regel, welche uns die Relationsvorschrift gibt: x > y. Somit erhalten wir:
R = (oder eben > =)
{(-1,-2), (0,-2), (0,-1), (1,-2), (1,-1), (1,0), (2,-2), (2,-1), (2,0), (2,1)}
Soviel zur Auffassung: eine Relation ist eine Teilmenge eines Kartesischen Produktes.
Nun könnten wir auch folgenden Versuch wagen:
Fragen wir uns, welche Elemente als y in Frage kommen, wenn man ein x auswählt.
Bei x = -2 finden wir kein y, das der relation genügt, also mit x>y
Bei x = -1 finden wir als passendes y das Element -2
Bei x = 0 finden wir als passendes y die Elemente -2 und -1
Bei x = 1 finden wir als passendes y die Elemente -2, -1 und 0
Bei x = 2 finden wir als passendes y die Elemente -2, -1, 0 und 1
Bei x = 3 finden wir als passendes y die Elemente -2, -1, 0, 1 und 2
Das könnte uns auf die Idee bringen, die Elemente, die oben auf einer Zeile stehen, als Mengen (das sind dann Teilmengen von A, natürlich) zusammenzufassen, also so:
{-2}
{-1, -2}
{0, -2, -1}
{1, -2, -1, 0}
{2, -2, -1, 0, 1}
{3, -2, -1, 0, 1, 2}
Diese Idee war aber keine gute Idee. Warum? Weil in diesen Teilmengen das zuerst aufgeführte Element gewissermassen eine Sonderfunktion einnimmt: es ist nämlich für die Relation das x, während die anderen Elemente das y darstellen. Eine Menge hat aber keine Reihenfolge!
Die Menge {1, -2, -1, 0} ist nämlich die Gleiche wie {0, -1, 1, -2}.
Also verwerfen wir diese Idee wieder.
Kommen wir nun zu den Äquivalenzrelationen (reflexiv, symmetrisch und transitiv).
Ich nehme in der gegebenen Menge mal diese: x hat das gleiche Vorzeichen wie y.
Wenn ich jetzt das Spiel mit der Teilmenge aus dem Kartesischen Produkt mache, dann erhalte ich diese Relation:
R1 = {(-2,-2), (-2,-1), (-1,-2), (-1,-1), (0,0), (1,1), (1,2), (1,3),
(2,1), (2,2), (2,3), (3,1), (3,2), (3,3)}
Nun haben wir trotz dem Misserfolg schon wieder die gleiche Idee wie oben(wir bleiben uneinsichtig):
Fragen wir uns, welche Elemente als y in Frage kommen, wenn man ein x auswählt.
Bei x = -2 finden wir als passendes y die Elemente -2 und -1
Bei x = -1 finden wir als passendes y die Elemente -2 und -1
Bei x = 0 finden wir als passendes y das Element 0
Bei x = 1 finden wir als passendes y die Elemente 1, 2 und 3
Bei x = 2 finden wir als passendes y die Elemente 1, 2 und 3
Bei x = 3 finden wir als passendes y die Elemente 1, 2 und 3
Das könnte uns wieder auf die Idee bringen, die Elemente, die auf einer Zeile stehen, als Mengen (das sind dann Teilmengen von A, natürlich) zusammenzufassen, also so:
{-2, -1}
{-1, -2}
{0}
{1, 2, 3}
{2, 1, 3}
{3, 1, 2}
Aha, bei Äquivalenzrelationen funktioniert diese Idee, denn es haben sich nur drei verschiedene Teilmengen ergeben ...
{-1, -2}
{0}
{1, 2, 3}
..., und in diesen Teilmengen hat kein Element eine Sonderfunktion.
Hier stellt man fest (undbeweist das natürlich auch im allgemeinen Fall), dass jedes Element in einer der Teilmengen vorkommt. Und dass jedes Element nur in genau einer Teilmenge vorkommt. Diese Teilmengen werden als Äquivalenzklassen der gegebenen Relation(svorschrift) bezeichnet. Die Äquivalenzklasse {1, 2, 3} wird durch das Element 1 erzeugt. Ebenso aber auch durch das Element 2 oder durch das Element 3. Jedes beliebige Element kann also als Repräsentant "seiner" Äquivalenzklasse dienen.
Hit Hilfe der Äquivalenzklassen kann man sich manchmal viel Aufwand ersparen, weil man für gewisse Beweise nur einen Repräsentanten auswählen kann, statt die Behauptung für jedes einzelne Element der Äquivalenzklasse zu beweisen. Aber damit greife ich nur deinem Studum vor, und das will ich nicht.
So, lieber Tirepo, ich hoffe, meine schlaflose Nacht sei doch zu etwas gut gewesen. Lies vielleicht meine vorherige Antwort auch nochmals durch. Aber lass dir viel Zeit zum Verdauen und vergleiche meine Aussagen mit deinen konkreten Beispielen aus dem Studium. Ich hoffe, es wird dann einiges klarer werden.
Wenn du noch Fragen hast: vielleich kann ich ja wieder einmal schlecht schlafen. Jetzt versuche ichs aber... *gähn*
Gruss
Paul
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